Ein Bär für Indonesien
Silberner Bär für NANA
Am 16. Februar ging im Berlinale Palast die Preisverleihung der 72. Berliner Filmfestspiele über die Bühne. Der Silberne Bär für die beste Nebendarstellerin ging dabei an die Indonesierin Laura Basuki für ihre Rolle im traumhaften Spielfilm NANA - BEFORE, NOW & THEN von Kamila Andini. Sie erhielt den Preis gemäss dem Jurypräsidenten M. Night Shyamalan «für ihre würdevolle Darstellung von Trotz in einer oft grausamen und bindenden Kultur, für ihre Fähigkeit, eine innere Stärke und Schönheit ihrer Figur zu vermitteln, die die Figuren um sie herum beeinflusst und verwandelt, und für ihre feinfühlige Darbietung, die noch lange nach dem Ende des Films nachwirkt.»
Wir gratulieren ihr, Kamila Andini und dem gesamten Team zum Preis und dem hervorragenden Film, wobei wir nicht allein sind mit der Einschätzung, dass die internationale Jury 2022 keine sonderlich gute Arbeit geleistet hat und ziemlich konzeptlos wirkte. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung fasste das Andreas Kilb, der NANA auch einen grossen Preis gegönnt hätte, zusammen und erwähnte dabei auch sein Erstaunen, dass der starke Schweizer Wettbewerbsbeitrag von Michael Koch leer ausging: «Auf den 72. Berliner Filmfestspielen ging 'Drii Winter' unverständlicherweise leer aus. Stattdessen vergab die Jury unter Vorsitz des amerikanischen Regisseurs M. Night Shyamalan den Goldenen Bären an Carla Simóns ,Alcarràs', einen Film, der mit der gleichen Ernsthaftigkeit, aber in helleren Farben von der Existenzkrise einer katalanischen Bauernfamilie erzählt. Die übrigen Auszeichnungen entsprechen der Giesskannenlogik aller grossen Festivals, auch wenn man sich wundert, warum nicht Phyllis Nagys 'Call Jane', sondern der heillos verpuzzelte mexikanische Beitrag 'Robe of Gems' den Silbernen Bären gewann und Hong Sang-soo beim Grossen Preis der Jury der indonesischen Regisseurin Kamila Andini (Nana - Before Now & Then) vorgezogen wurde.»
Man hat auch während der Preisverleihung selber den Eindruck bekommen, dass da jeder und jede in der Jury ein eigenes Süppchen kochte und so nur eine Sauce entstehen konnte und nicht ein rundum überzeugendes Verdikt. Zu schade für jene Filme, die ihre Preise sehr wohl verdient hätten, nutzlos für die anderen, die kaum jemand zu sehen bekommen wird oder schauen mag.
Wir werden NANA - BEFORE, NOW & THEN von Kamila Andini im Herbst in die Schweizer Kinos begleiten und wünschen der visuellen Perle ein mit uns fasziniertes und waches Publikum. Es ist bereits der zweite Film der jungen Regisseurin aus Indonesien, den trigon-film in der Kollektion hat. Ihr vorletzter, YUNI, startet bereits im Mai in den Kinos.
Ebenfalls in in der zweiten Jahreshälfte die Kinos bringen werden wir den chinesischen Wettbewerbsbeitrag RETURN TO DUST von Li Ruijun, der von einem in sich zerissenen Land erzählt, mit traditionsreichen Lebensformen und einer sie auffressenden anonymen Moderne. Lassen wir Dominic Schmid in der Wochenzeitung WoZ sprechen, der begeistert scheint wie wir: «Nicht bloss beeindruckend, sondern sehr nahe jenem Bereich, wo Begriffe wie 'Meisterwerk' oder 'filmische Offenbarung' angemessen klingen, ist schliesslich «Return to Dust». Der Film des jungen Chinesen Li Ruijun beginnt als naturalistische Studie der ländlichen Gesellschaft im modernen China und entwickelt sich über zweieinhalb Stunden zu einer tief berührenden Parabel über die Arbeit am eigenen Glück. Ein Aussenseiter und eine Aussenseiterin werden von ihren Familien mehr oder weniger zwangsverheiratet, und niemand erwartet mehr von ihnen, als dem Dorf kein schlechtes Gewissen mehr zu bereiten. Doch dann beginnen die beiden, eine tief fürsorgliche Partnerschaft zu entwickeln, sodass eine einfache, aber reale Zufriedenheit möglich scheint in einem Land, das mit despotisch verordneter Höchstgeschwindigkeit nach der kapitalistischen Moderne strebt. «Return to Dust» besteht aus einer minimalistischen Abfolge von Tableaus, die meist bäuerliche Arbeit zeigen: auf dem Feld, am Haus, am Wohl des anderen. Die Dialoge zwischen den beiden bestehen hauptsächlich aus Sprichwörtern und aus sanften Ermahnungen an den anderen, die Sache etwas ruhiger anzugehen. Als stetiger Begleiter kündet der treue Arbeitsesel von einer Zeitform, die von keiner Uhr gemessen werden kann.»
Weitere Informationen zu Before, Now & Then
Weitere Informationen zu Return to Dust
Weitere Informationen zu Yuni
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