TGV
In seinem zweiten Spielfilm «TGV», unternimmt der senegalesische Filmemacher Moussa Touré auf wunderbar leichte Art eine Reise durch seinen schwarzafrikanischen Kontinent. In einem bunt bemalten Bus, den der Chauffeur mit dem für sich sprechenden Namen Rambo in Anlehnung an den französischen Hochgeschwindigkeitszug kühn «TGV» nennt, hat er eine illustrative Auswahl von Zeitgenossinnen und Zeitgenossen vereint, die sich in unterschiedlichen und zum Teil für sie nicht sonderlich angenehmen Situationen behaupten müssen. Ihre Mischung erinnert an so schöne Klassiker wie «Stagecoach» von John Ford oder «La mort en ce jardin» von Luis Buñuel, in denen das Schicksal auch allerlei Menschen einen gemeinsamen Weg beschreiten liess, weg vom Alltagsgeschehen.
Moussa Touré bringt in seinem knatterigen Gefährt unter anderem einen flüchtigen Finanzminister, ein verirrtes europäisches Ethnologenpaar auf der Suche nach der untergegangenen Mandingo-Zivilisation, einen Dealer und weitere Bewohnerinnen und Bewohner des afrikanischen Kontinents unter. Sehr schön gelingt ihm dabei die Charakterisierung der einzelnen Figuren in wenigen aber präzisen Strichen. Mit herrlich instrumentierten und abgestimmten Dialogen, streitend, neckend und lachend fährt die zufällige Gesellschaft von einer augenzwinkernden Anspielung zur nächsten. Touré sucht dabei eine fürs schwarzafrikanische Kino eher ungewohnte, geredzu beschwingte Erzählweise. Das macht den Film auch für Jugendliche, die etwa die Ebene der politischen Anspielungen noch nicht verstehen mögen, leicht verständlich. Ein Trip zur Entdeckung eines halben Kontinents.
Walter Ruggle
Credits
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Pressestimmen
«Ich bin Afrikaner, mit einem afrikanischen Blick, und ich mache afrikanisches Kino. [...] Aber nicht jenes afrikanische Kino das die Europäer meinen, das der Folklore, der Exotik, der Langsamkeit, nicht dieses lachende, naive Afrika. Dem verweigere ich mich kategorisch. Ich versuche Kino zu machen, mit dem man sich identifizieren kann.
Moussa Touré
Moussa Touré hat die schöne afrikanische Langsamkeit mit seinem Film TGV gestört. [...] Moussa Touré gehört zu einer neuen Generation von Filmemachern, die sich in der Weltkultur der Bilder bedienen, im Westen, Osten, Norden oder Süden, ein Phänomen, das Identitätsapostel misstrauisch verfolgen. Es geht ihm und anderen an verschiedenen Stellen der Erde arbeitenden Filmemachern darum, mit dem vorgefundenen Material der Gegenwart zu spielen, ohne es durch vorgeschaltete Kulturfilter in gut oder böse zu sortieren.
Reflexe, RadioDRS2