Moufida Tlatli
Moufida El-Talatli gehörte zu den herausragenden Frauen des Kinos, nicht nur im arabischen Raum. 1947 im tunesischen Sidi Bou Saïd geboren, hat sie ihre Studien 1966 bis 1968 in Filmmontage an der renommierten Filmschule IDHEC in Paris absolviert. Sie war für den Schnitt zahlreicher Filme verantwortlich, darunter für die Spielfilme wie Merzak Allouaches «Omar Gatlatou», Farouk Belloufas «Nahla», Tayeb El Ouahichis «Dhil el Ard», Michel Khelifis «Fertile Memory» und «Canticle of the Stones» Edh’Dhakira el khesba», Mahmoud Ben Mahmouds «Abbour» sowie Farid Boughedir «Halfaouine». Für Nacer Khemir montierte sie dessen Erstling «Al-hâ'imoû» (Les baliseurs du désert», den trigon-film in restaurierte Fassung letztes Jahr wieder zugänglich gemacht hat.
1994 realisierte Moufida El-Talatli, die sich Tlatli nannte, ihren ersten Spielfilm in eigener Regie: «Les silences du palais» (Samt al-Qusur - Palast des Schweigens). Sie begibt darin auf eine faszinierende Reise in die jüngere Vergangenheit, auf eine Reise in die dunkleren Tiefen der arabischen Gesellschaft. Neben dem Schweigen prägt "Chaifa", die Angst, Tlatlis Film. Die erwachsene und als Sängerin äusserst erfolgreiche Alia reist in der Gegenwart zurück in jenen Palast, aus dem sie zehn Jahre zuvor geflohen war. Ihre Mutter hatte dort gearbeitet, den Vater kannte sie nie. Alia war am gleichen Tag wie die richtige Prinzentochter zur Welt gekommen, allerdings unten, bei den Bediensteten, und das ergibt auch die Perspektive für diesen Film, in dem es um gesellschaftliche Hierarchien genauso geht wie um Hierarchien zwischen Männern und Frauen. «Les silences du palais» wurde in Cannes als bester Erstling mit der Caméra d'Or ausgezeichnet und lief in der Schweiz mit über 45'000 Eintritten äusserst erfolgreich. Es folgten zwei weitere Regiearbeiten von Moufida Tlatli: «La saison des hommes» (Zeit der Männer, Zeit der Frauen, 2000) und «Nadia et Sarra», 2004). Tlatli widmete sich auch in den folgenden Filmen der Frau in der arabischen Männerwelt und geellschaftlichen Fragen, lange bevor sie im so genannten Arabischen Frühling die ganze Gesellschaft erfassten. In der Folge der tunesischen Revolution wurde die Filmemacherin 2011 zur Kulturministerin der Übergangsregierung ernannt und konnte direkten politischen Einfluss nehmen.
Filmographie
Regie:
2004 Nadia et Sarra
2000 La Saison des Hommes
1994 Samt El Qusur
Montage:
1994 Habiba Msika
1994 Samt El Qusur
1992 Al-Zazouet
1991 Le cantique des pierres
1990 Asfour Stah
1989 Majnoun Layla
1988 Sama
1987 Caméra arabe (Documentary)
1986 Hammam Dhhab (Short)
1984 El-haimoune
1982 Traversées
1982 Dhil al ardh
1980 Aziza
1979 Nahla
1978 Koora w'Ahlam (Documentary)
1977 Omar Gatlato
1974 Intissar Chaâb (Documentary)
1974 Sejnane
La saison des hommes - Maussim al-riyal (2000)
Aïcha hat Said geheiratet, als sie 18 war. Wie seine Brüder arbeitet er elf Monate im Jahr in Tunis und lässt seine Frau in Djerba unter der Aufsicht seiner Mutter zurück. So ist es üblich, doch die junge Aïcha will mit der Tradition brechen und bei ihrem Mann in Tunis leben. Eine Forderung, die Said nur erfüllen wird, wenn seine Frau ihm einen Sohn gebärt. Um Geld für ihre Zukunft in der Stadt zu verdienen, webt Aïcha Teppiche, die Said in Tunis verkauft. Weiter
Shamt al kushur - Les silences du palais (1994)
Französisch spricht sie, die herrschende Klasse in Tunesien. "Rück zur Seite, du bist auf dem Bild", sagt der Fotograf zu Alia, der Bedienstetentochter im Spielfilm "Les silences du palais" von Moufida Tlatli. Das Mädchen hat auf dem Familienbild des Prinzenclans nichts verloren, obwohl sein Vater vermutlich auch der Prinz ist. Aber darüber wird nicht gesprochen. Das Schweigen des Palastes ist die Metapher für das Schweigen einer ganzen Welt. Weiter