An Episode in the Life of an Iron Picker
Der Eisenpicker Nazif findet seine schwangere Frau in Schmerzen. Der Arzt stellt fest, dass das Ungeborene tot sei und unverzüglich entfernt werden müsse. Nur: woher das Geld nehmen? Nazif versucht alles, um seine Frau zu retten. Oscar-Preisträger Danis Tanovic (No Man’s Land) hat diese wahre Geschichte auf lebensnahe Weise packend authentisch nachstellt. Kino real und pur.
Er hat etwas Atemloses, der neue Film des bosnischen Regisseurs Danis Tanovic, der mit seiner Farce «No Man’s Land» vor einem Jahrzehnt einen verdienten Oscar erhielt. Inszenierte er damals den Krieg in seiner Heimat als Auseindersetzung dreier Männer, die in ihrem eigenen Graben gefangen sind, so hat ihm dieses Mal eine kleine Zeitungsnotiz keine Ruhe gelassen. Ihr zufolge konnte die Frau eines Alteisenpickers eine lebensnotwendige Behandlung nicht bekommen, weil sie weder über die notwendigen 600 Franken verfügte noch über eine Krankenversicherung. Er hat etwas Atemloses, dieser Film, und man spürt es schon nach wenigen Minuten: Das ist eine Geschichte, die der Filmemacher rasch erzählen musste. Zu unglaublich, um wahr zu sein. Einen Dokumentarfilm wollte Danis Tanovic nicht drehen, das wäre ihm zu versachlicht geworden. Ein Spielfilm sollte es sein, aber keiner der falschen Emotionen. Und so entschied er sich zu etwas Ungewöhnlichem: Er lässt die Geschichte, die sich in seiner bosnischen Heimat ereignet hat, von denen nachspielen, die sie erlebt haben. Einzig die Ärzte, die die Frau abgewiesen haben, waren nicht bereit, ihre Rolle nachzuspielen. Das hätte sie wohl zu sehr daran erinnert, dass Menschlichkeit bei jedem Einzelnen beginnt und nichts Abstraktes ist.
Wie oft spürt man noch diese Dringlichkeit im Kino? Wie häufig sitzt man noch da, schaut zu und staunt, erzählt noch Wochen später vom Gesehenen. Oder müsste man hier sagen: Vom Erlebten? Gerade weil er nichts dramatisiert, gerade weil er einfach hinschaut, lässt uns Danis Tanovic teilhaben und gewährt uns einen Einblick in den Alltag einer Roma-Familie am Rand Europas. Es ist ein Leben aus dem Tag heraus, hautnah mit Elementen des Wirklichen, ein atemloser Realismus: Man schaue hin!
Walter Ruggle
Festivals & Auszeichnungen
Grand Jury Prize Berlinale 2013
Silver Bear for Best Actor Berlinale
Credits
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Pressestimmen
«Ein bewegendes Filmerlebnis.»
Neue ZĂĽrcher Zeitung
«Noch authentischer geht's kaum.»
3sat
«Kaum zu glauben, wie einfach und unaufhaltsam der Bosnier Danis Tanović den Betrachter hineinzieht in seinen Film 'An Episode in the Life of an Iron Picker'. Auf ganz nüchterne Art ist Tanovićs Film eine grosse, geradezu widerwillige poetische Parabel, die die Fragen nach dem Wert des Lebens stellt. Es gibt keine Psychologie, kein Pathos, keine Musik. Nur eine beharrlich beobachtende Handkamera.»
Die Zeit, Katja Nicodemus
«Dabei hat der Film eine faszinierende Form. Er ist dokumentarisch, mit Handkamera gefilmt, sorgfältig montiert, und dabei durchaus auch bei der Montage inszeniert. So fährt die Familie mit dem alten Auto mehrfach an der gleichen rauchenden Industrieanlage vorbei, wenn sie vergeblich ins Spital fährt. Bei der schliesslich erfolgreichen Fahrt mit der Versicherungskarte der Schwester in eine andere Klinik geht die Fahrt an einem See im winterlichen Morgenlicht vorbei.»
«Das geht ziemlich unter die Haut.»
Schweizer Radio SRF
«Sachlich und nüchtern wie sein sperriger Titel gewährt Danis Tanovićs berührendes sozialrealistisches Drama einen bescheidenen, massvollen Einblick in den alltäglichen Kampf einer mittellosen Roma-Familie. Und lässt uns allem voran an ihrem Schicksal teilhaben und ihre Menschlichkeit spüren.»
Variety
«Eine wahre Geschichte über diskriminierte Aussenseiter, die sich selbst spielen, deren Schicksal dann auch noch berührend und stringent erzählt wird.»
Der Westen
«Die Kamera folgt Nazif, Senada und ihren beiden kleinen Mädchen mit unvoreingenommenem Blick.»
3Sat
Eine Roma-Familie in Bosnien-Herzegowina, in einem Ort abseits der grossen Stadt. Vater Nazif schlachtet alte Autos aus und verkauft dies Metallteile an einen Schrotthändler. Mutter Senada hält das Haus sauber, kocht, bäckt und sorgt sich um die beiden kleinen Töchter. Eines Tages verspürt sie einen stechenden Schmerz im Unterleib. In der Poliklinik erhält sie die Nachricht, dass etwas mit dem Baby in ihrem Bauch nicht stimmt: „Sie sagen, es sei tot.“ Eine Blutvergiftung droht, höchste Eile ist geboten. Doch Senada besitzt keine Krankenversicherung. Die Operation kostet weit mehr, als die Familie aufbringen kann, und der Chef des Krankenhauses lehnt es ab, die Frau zu behandeln. Ein Wettlauf gegen die Zeit und die zunehmende Hoffnungslosigkeit Senadas beginnt.
Oscar-Preisträger Danis Tanović (No Man's Land) verdichtet die Dramatik der Ereignisse, die existenziellen Nöte und die Todesangst der Beteiligten zu einer winterlichen Novelle. Dass die Laiendarsteller eine Episode aus ihrem eigenen Leben spielen, trägt wesentlich zur Authentizität und zum sozialen Realismus bei. Zugleich zeigt der Film Lebensmut und Überlebenskunst einer Roma-Familie.
Berlinale