Garaje Olimpo

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Buenos Aires zur Zeit der Militärdiktatur: ein General des Regimes wird von einer Bombe in die Luft gesprengt, die eine Freundin seiner Tochter unter seinem Bett versteckt hat. Szenenwechsel. Die Studentin Maria lebt mit ihrer französischen Mutter Diane in einem grossen, etwas heruntergekommenen Haus. Ein paar Zimmer sind untervermietet. In einem von ihnen wohnt Felix, ein junger, schüchterner Typ, der in Maria verliebt ist. Er scheint weder Vergangenheit noch Familie zu haben und gibt an, in einer Autowerkstatt zu arbeiten.
Maria arbeitet in den Slums als "Lehrerin der Armen", lehrt sie Lesen und Schreiben. Eng damit verbunden ist ihr Engagement in einer Oppositions-Gruppe. Eines Morgens stürmen Zivil-Soldaten das Haus und entführen Maria vor den Augen ihrer verzweifelten Mutter. Sie wird in den unterirdischen Teil einer ehemaligen Autowerkstatt, der "Garage Olimpo", verschleppt. Hier verbirgt sich eines der geheimen Gefängnisse des Junta-Regimes, in dem Maria - wie einer ihrer Freunde und viele andere "Subversive" - verhört und gefoltert wird.
Der General dieser Einheit setzt seinen besten Mann an, um Maria zum Sprechen zu bringen: Felix. Krankhaft und machtbesessen, zwischen Pflichterfüllung und Zuneigung "kümmert" er sich daraufhin um Maria, die in ihm wiederum ihre einzige Überlebenschance sieht und zu nutzen versucht. Währenddessen versucht Diane mit allen Mitteln, ihre Tochter zu finden, und verkauft schliesslich das Haus, um damit einen anderen Mitarbeiter der Geheimpolizei zu bestechen können. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Argentinien 1976-82: Junta-Regime und "Verschwundene"

Argentinien blickte 1976 bereits auf eine Tradition von militärischen Staatsstreichen zurück, die sich seit 1930 aneinander reihten. Das grundsätzlich fehlende Vertrauen in die Demokratie war eine der Voraussetzungen für den Putsch. General J. D. Perón, der nach einem Sieg der Peronisten aus dem Exil zurückkehrte, wurde 1973 zum Präsidenten gewählt. Nach seinem Tod im darauf folgenden Jahr übernahm Peróns Ehefrau Isabel die Regierung. Während ihrer Präsidentschaft verschlechterte sich die politische und wirtschaftliche Lage des Landes nochmals, was zu rapide steigenden Lebenshaltungskosten und zunehmenden terroristische Aktivitäten sowohl von rechten als auch linken Gruppen führte. Bereits während ihrer Amtszeit existierte eine Art von Geheimpolizei, die eine Reihe von Morden an Gewerkschaftlern und Politikern zu verantworten hatte. Eine weitere Gruppe von Militärs um General Videla bereitete ab Oktober 1975 den Sturz der Präsidentin vor. Am 24. März 1976, als Isabel Perón mit einem Helikopter vom Regierungssitz ins Präsidentendomizil fliegen wollte, wurde sie in den militärischen Bezirk der Luftwaffe gebracht, verhaftet und ihrer Ämter enthoben. Das Junta-Regime der Generäle Videla, Agosti und Massera ging mit Hilfe der Streitkräfte gegen jede Form des Widerstandes, politisch oder nicht, an. Presse- und Meinungsfreiheit wurden zu Leerformeln. Gegner - jeden Alters, politischer Überzeugung und sozialer Stellung - wurden diskriminiert, bedrängt, in illegale Gefängnisse verschleppt, gefoltert und umgebracht. Die Gefängnisstrukturen existierten versteckt unter der Erde in Buenos Aires und über ganz Argentinien verteilt.

In diesen Lagern wurden die Menschenrechte auf grausame Weise verletzt: paramilitärische Truppen funktionierten - im Namen des Kampfes gegen die "Subversion" - alte Werkstätten, ungenutzte Lagerhallen und Kellerräume von Polizeirevieren im Herzen der Stadt um in Zentren physischer und psychischer Folter. Die Verdächtigen wurden von den zuständigen Einheiten meist am Arbeitsplatz oder unter freiem Himmel - oft am helllichten Tag - aufgegriffen und "eingeliefert". Von außen wirkten Fassaden und Namen dieser Folterstätten unauffällig: Garage Olimpo ("Werkstatt Olimpo"), La Perla ("Die Perle"), Orletti Automotores ("Automotoren Orletti"), Club Atlético ("Athletic-Sport-Club"). Hinter ihnen verbargen sich tatsächlich aber Schreckenskammern - ein Abgrund ohne Rückkehr für schätzungsweise 30000 Menschen. Während über ihren Köpfen das Leben normal weiterging, bestand die Normalität für die Inhaftierten aus Dunkelheit, Missbrauch und Gewalt. Für ihre Familien war es unmöglich, irgendetwas über sie und ihren Aufenthaltsort zu erfahren. Viele dieser Verschwundenen, der "desaparecidos", machten schliesslich ihre letzte Reise an Bord von argentinischen Militärflugzeugen. Um ihre Spuren zu verwischen, wurden sie von Soldaten aus der Ladeluke heraus ins Meer geworfen - dies gestand ein hoher Offizier 1998 im Radio.

Bis heute engagieren sich Organisationen und Gruppen von Angehörigen (Kinder: "H.I.J.O.S.", Mütter: "Madres de Plaza de Mayo" oder auch Grossmütter: "Abuelas de Plaza de Mayo"), um Gewissheit zu finden. Es herrscht Uneinigkeit über die Anzahl der "desaparecidos", der während der Militärdiktatur verschwundenen Menschen. Offiziell ermittelte eine Untersuchungskommission 8960 Verschwundene, die genannten Organisationen gehen jedoch von 30000 Personen aus, die bis heute vermisst werden. Die meisten Opfer der Diktatur verschwanden in den ersten beiden Jahren.

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Credits

Originaltitel
Garaje Olimpo
Titel
Garaje Olimpo
Regie
Marco Bechis
Land
Argentinien
Jahr
1999
Drehbuch
Marco Bechis, Lara Fremder
Montage
Jacobo Quadri
Musik
Jacques Lederlin
Kamera
Ramiro Civita
Kostüme
Caterina Giargia
Ausstattung
Rómulo Abad
Produktion
Amedeo Pagani, Daniel Burman
Formate
35mm, DVD
Länge
98 Min.
Sprache
Spanisch/d
Schauspieler:innen
Antonella Costa (Maria), Carlos Echevarría (Felix), Enrique Piñeyro (Tigre), Pablo Razuk (Tex), Chiara Caselli (Ana), Dominique Sanda (Diana), Paola Bechis (Gloria), Adrián Fondari (Rubio), Marcelo Chaparro (Turco), Miguel Oliveira (Nene)

Pro Material

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Pressestimmen

Noch nie hat sich ein argentinischer Film so, offen, schonungslos und ohne falsche Sentimentalität mit dem Schicksal der 'desaparecidos', der Verschwundenen, auseinandergesetzt. Mit der Entscheidung, dem Film zusätzlich den 'Colon de Plata' für die beste Regie zu verleihen, hat die Jury Mut bewiesen - gegen das Vergessen und für den Film als Ausdruck der sozialen und politischen Realität Lateinamerikas.

filmdienst

Bechis inszeniert in einem beklemmenden Stil, dessen Qualität in der Aussparung liegt. Eine Tür fällt zu, ein Radio erklingt, von der Folter zeigt die Leinwand wenig. Doch kaum etwas im Kino ist eindrücklicher als die Bilder im eigenen Kopf.

Filmfest Hamburg 1999

Auch die Jugendjury hat sich für einen gattungsfremden Film entschieden, den mancher Lehrer wohl nur zögernd im Unterricht einsetzen würde: "Garage Olimpo" erzählt schonungslos, fast dokumentarisch und mit verstörenden filmischen Mitteln von den Folterkammern der argentinischen Diktatur.

F.A.Z

Über diesen Film kann ich nicht schreiben wie über andere. ... Die Stärke von Bechis' intensivem - und nie voyeuristischem - Drama liegt genau in diesen Momenten: Wenn wir tief eindringen in die Psyche der Opfer, er uns im Sinne des Wortes mitleiden lässt und teilhaben lässt an dieser Tortur, diesem Trip in die Hölle, der zeigt, was Menschen Menschen antun können. Wer da von "vorauseilendem Gehorsam" aus angelernter political correctness redet, der hat überhaupt nichts verstanden.

Kinder-/Jugendfilm-Korrepondenz

Einer der 10 besten Filme des Jahres 2003 (film-dienst, Kritiker-Rangliste) „gnadenlos direktes Politkino über Macht & Ohnmacht im Junta-Regime“ choices „eine Erfahrung, die im Kino ihresgleichen sucht“ Der Spiegel „hart, aufwühlend, beklemmend, überzeugend“ epd film „ein Meisterwerk, ds lange nachwirkt“ Express