White Sun

von Deepak Rauniyar, Nepal, 2016

Ein Mann, der sich den Rebellen angeschlossen hatte, kehrt zum Begräbnis seines Vaters ins Heimatdorf am Fuss des Himalaya zurück. Mit Feingefühl erzählt der junge nepalesische Filmemacher Deepak Rauniyar von einem Leben nach dem Bürgerkrieg und von den teils gar amüsanten Momenten um den Versuch, einen Leichnam an sein Ziel zu bringen. Ein ebenso berührender wie unterhaltsamer Einblick ins Leben am Fuss des Himalaya.

«White Sun» ist im Heute von Nepal angesiedelt, in der Zeit nach dem Bürgerkrieg und dem schweren Erdbeben. Chandra begibt sich nach Jahren der Abwesenheit auf den Weg nach Hause, und der ist, wie wir bald zu sehen bekommen, ein langer, sein letztes Stück lässt sich nur zu Fuss bewältigen. Das kleine Dorf, aus dem Chandra stammt und das er einst verlassen hatte, um sich dem maoistischen Widerstand anzuschliessen, liegt an einem Hang hoch über einem der unzähligen Täler im Himalaya. Zurückgelassen hatte der junge Mann nicht einfach sein Dorf, er verliess für den Kampf um eine vermeintlich bessere Sache auch seine Frau und ihr uneheliches Kind, verliess den Vater, der bis in den Tod ein getreuer Royalist geblieben war und mit dem Chandra sich genauso gestritten hatte wie mit dem eigenen Bruder. Auch dieser konnte und kann noch immer noch nicht die Ansichten des Grösseren teilen. Chandra kehrt heim und wird vom Busbahnhof aus begleitet von einem Buben namens Badri, der sich ihm als Träger anbietet. Er gehört zur untersten Kaste, ist damit ein Wertloser, und gleichzeitig könnte er sein Sohn sein.

Chandra wirkt nachdenklich, aber bestimmt. Die Rückkehr aus der Stadt ist nicht nur eine Heimkehr zur Familie, die ihn mit Zwiespalt empfängt, es ist auch ein Wechsel von der Stadt mit ihren Aspekten der Moderne, aufs Land und in ein Dorf, in dem Traditonen gross geschrieben werden. Deepak Rauniyar erzählt die Geschichte von Chandra von Anfang an ohne Aufregung. Man spürt, dass man sich an den Hängen des Himalaya mit den Höhenmetern, die hier vermessen wurden, nicht hektisch bewegt, zu schnell würde man ausser Atem kommen, würden einen die Kräfte im Stich lassen. Rauniyar erzählt im Kern eine sehr ernsthafte Geschichte, deren Auslöser der Tod eines Vaters ist und ein bevorstehendes Begräbnis, aber er erzählt sie auf lockere Art, in der man immer mal wieder schmunzeln muss über das Verhalten der Figuren und über Konstellationen im Ort. So gäbe es gewiss bequemere Wege, einen Leichnam aus dem Haus zu bringen, aber das hinduistische Ritual verlangt, dass der Körper des Verstorbenen von seinen Söhnen mit den Füssen voraus durchs Fenster geschoben wird. Da das Leben von Chandras Vater unter dem Dach seines Hauses endete, gilt es nun eben, seinen Leichnam durchs Dachfenster ins  Freie zu bringen, und das wird nur die erste Hürde sein, die es zu überwinden gilt, bis der Tote am Ziel angekommen ist.
Walter Ruggle

Festivals & Auszeichnungen

Mostra dell'Arte Cinematografica Venezia, 2016:
Interfilm Award, Best Film

Singapore International Film Festival, 2016:
Silver Screen Award, Best Asian Film

Fribourg International Film Festival 2017: 
Public Prize, Ecumenical Jury Award, Don Quijote Award from the International Federation of Films Societies IFFS, Special Mention from the International Jury

Toronto International Filmfestival, 2016

Golden Horse Film Festival, 2016

Palm Springs International Film Festival

artwork

Credits

Originaltitel
White Sun
Titel
White Sun
Regie
Deepak Rauniyar
Land
Nepal
Jahr
2016
Drehbuch
Deepak Rauniyar & David Barker
Montage
David Barker
Musik
Vivek Maddala
Kamera
Mark Ó'Fearghail
Ton
Jaap Sijben, Leandros Ntounis
Kostüme
Swechha Nakarmi, Sushant Shrestha
Ausstattung
Menuka Rai & Akki Thekpa
Produktion
Deepak Rauniyar, Joslyn Barnes, Tsering Rhitar Sherpa, Michel Merkt
Formate
DVD, Blu-ray, DCP
Länge
89 Min.
Sprache
Nepali/d/f oder i oder e
Schauspieler:innen
Asha Magrati (Durga), Rabindra Singh Baniya (Surja), Sumi Malla (Pooja), Amrit Pariyar (Badri), Dayahang Rai (Chandra)

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Pressestimmen

«Im Film White Sun bringt der Regisseur Deepak Rauniyar die Gegenwart Nepals auf den Punkt - und zwar recht heiter. Der Filmtitel «White Sun» bezieht sich auf die weisse Sonne auf der Nationalflagge Nepals. Doch so blutleer, wie das filmische Erzählen in Metaphern oft wirkt, ist «White Sun» keineswegs. Es sind nicht Pappkameraden, die den Film bevölkern, sondern lebendige Charaktere; es sind keine politischen und gesellschaftlichen Themenkataloge, die Rauniyar aufblättert, sondern die schillernden Facetten einer äusserst komplexen Realität.» Der Bund

«White Sun ist ein Spielfilm, der famos aus der Kinoreihe tanzt. Er ist eine sehenswerte Ausnahme im Mainstream-Kino. Nepal, ein spektakulärer Schauplatz vor imposanter Kulisse. Originalität ist gefragt. Im dokumentarischen Stil - viele Aufnahmen im und ums Bergdorf entstanden mit einer souveränen Handkamera - wird die Geschichte einer Heimkehr, Kontroverse und Versöhnung zur beispielhaften Parabel über Nepal.» Rolf Breiner, Literaturundkunst

«La sobriété, voire le dépouillement des prises de vue renforce d'autant plus le message puissant et universel du film.» La Liberté

«Ein Nachkriegsdrama mit komischen Seiten. Rund um die Schwierigkeiten beim Begräbnis zeichnet Deepak Rauniyar geschickt und mit sicherem Gespür für dramaturgische Spannungsbögen die Umrisse einer Nachkriegsgesellschaft mit all ihren sozialen Verwerfungen und unbewältigten Traumata.» St. Galler Tagblatt

«Das einfühlsame, langsam erzählte Drama White Sun, spielt vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs, der das Land spaltete. Mit reduzierten Mitteln ist ein eindringlicher Film entstanden, der auch von seinem Hauptdarsteller lebt.» cineman, Björn Schneider

«Der Film aus Nepal bringt den Zustand der noch wackligen Republik auf den Punkt - in perfekter Balance zwischen Tragik und Komik, Realismus und Skurrilität, Verzweiflung und Hoffnung.» Tages-Anzeiger

«Der Film erzählt unterhaltend von Politischem und von Individuellem im heutigen Nepal.» kulturtipp

«Dayahang Rai spielt Agni, der wegen der Beerdigung seines Vaters zurück in die Heimat kommt, mit beachtlicher Einfühlsamkeit. Und: mit einem nachdrücklichen, facettenreichen Gestik- und Mimikspiel, das seine innere Zerrissenheit nach Aussen trägt.» cineman, Björn Schneider

«Atmosphärisch dicht.» Hollywood Reporter

«Leichtfüssig und humorvoll.» Screendaily