Night Train - Ye che

von Yinan Diao, China, 2007
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Die 30-jährige Wu Hongyan arbeitet am Gericht der Provinz Shaanxi in China, wo sie als Henkerin zum Tode verurteilte Frauen hinrichten muss. Trotz der makaberen Arbeit steigt Wu Hongyan jedes Wochenende in den Zug und fährt in eine Stadt, wo sie am organisierten Abendprogramm einer Partnervermittlungsagentur teilnimmt. Ihre Liebesabenteuer sind mittelprächtig, bis sie den hübschen Li Jun trifft. Sie weiss jedoch nicht, dass Li Jun der Ehemann jener Frau ist, welche sie als Ietzte hingerichtet hat.

Wer das chinesische Filmschaffen über die Jahre hinweg verfolgt hat und insbesondere auch noch jene Zeit, in der die operettenhaften Grossproduktionen von Gnaden der kommunistischen Partei an westlichen Festivals präsentiert wurden, staunt heute nicht schlecht über die unbändige Kraft der Unabhängigkeit, die sich da entwickelt hat. Die jungen Filmschaffenden Chinas pfeifen auf das, was der Apparat sich immer noch vorstellen mag. Sie nehmen ihre Kameras
und filmen das Leben. Und einige gehen, wie Yinan Diao, noch viel weiter: Sie blicken hinein in die Abgründe einer Gesellschaft, die einem schier unerträglichen Wandel ausgesetzt ist und irgendwie selber damit fertig werden muss.

Yinan Diao hatte bereits das Drehbuch für den lebensdampfenden «Spielfilm» Shower von Zhang Yang geschrieben. Hier legt er seine eigene Regiearbeit vor, die mit zum Packendsten gehört, was uns aus China inden letzten Jahren erreicht hat. Keine Komödie, kein Martial-Art-Märchen mit fliegenden Säbelrasslern, kein Epochengemälde und auch keinen Hauch von Bedienung exotischer Sehnsüchte. Nein: Night Train bietet eine schonungslose Innenansicht Chinas und ist ein Film, der aus sich selber heraus über das Betrachtete erzählt und über die Art, wie sein Autor betrachtet. Man muss sich dieser Betrachtung aussetzen, um zu erleben, wie ein Bildermensch es schafft, eine Atmosphäre der Vereinsamung zu gestalten, eine Welt, in der Frauen und Männer auf der Suche nach Zärtlichkeit sind und die gleichzeitig darauf angelegt ist, ihnen alles Sanfte auszutreiben. Aussen ist da innen, ein zutiefst unterkühltes Zeitbild und ein Kunstwerk in äusserster Konsequenz, kurz: ein Stück Kino, das unter die Haut geht.
Walter Ruggle

Festivals & Auszeichnungen

Festival de Cannes, Un certain regard 2007
Warsaw International Film Festival, Grand Prix
Film d'ouverture, Blackmovie Festival, Genève 2008
Mejor Actriz: Liu Dan por “Night Train” (China), Buenos Aires Filmfestival
Premio Especial del Jurado: “Night Train”, de Diao Yinan (China), Buenos Aires Filmfestival
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Credits

Originaltitel
Night Train - Ye che
Titel
Night Train - Ye che
Regie
Yinan Diao
Land
China
Jahr
2007
Drehbuch
Yinan DIAO
Montage
Jing Lei Kong
Musik
Zi Wen
Kamera
Jingsong Dong
Ton
Yang Zhang
Ausstattung
Ching Lam, Qiang Liu
Produktion
Ho-Hi Pictures, Vivian Qu
Formate
35mm, DVD
Länge
95 Min.
Sprache
Mandarin/d/f
Schauspieler:innen
Liu DAN, Qi DAO

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Pressestimmen

China heute - von innen heraus betrachtet:

«Ein melancholisches Bijou.»
Première

«Das Ballett der einsamen Seelen.»
Le monde

«Präzis, klassisch zeitlos und konsequent modern.»
Vancouver Filmfestival

«A chilling view of crime and punishment.»
INTERNATIONAL HERALD TRIBUNE

«De Chine, le très beau mais noir Night Train de Diao Yinan (Cannes 2007) raconte une autre forme de solitude: dans une province privée de soleil, celle d'une militaire de carrière qui finit par rencontrer le mari d'une femme qu'elle a dû exécuter. Entre désir de vengeance, d'expiation ou d'un peu de chaleur humaine, on tente de deviner ce qu'ils cherchent. Mais l'amour, lui, n'a sûrement pas de place dans une telle société, semble dire le cinéaste.»
LE TEMPS, Norbert Creutz

«Diao Yi Nian compose un ballet abstrait construit de filatures, de trajets et d'attentes mutiques au coeur d'un lieu modelé par une architecture industrielle volontiers monumentale.»
Le Monde

«Le ballet des âmes solitaires.»
Le monde

«Train de nuit, le deuxième film de Diao Yinan, est un bijou mélancolique.»
Première, Paris

«Train de nuit est une oeuvre mélancolique et nue. On y entre comme dans une cathédrale.»
L'humanité