Perdidos en la noche

von Amat Escalante, Mexiko, 2023

In einer mexikanischen Kleinstadt macht sich Emiliano auf die Suche nach jenen, die für das Verschwinden seiner Mutter verantwortlich sind. Als Aktivistin hatte sie sich gegen ein Grossprojekt der örtlichen Bergbauindustrie gewehrt. Ein Hinweis führt ihn zu der wohlhabenden, exzentrischen Familie Aldama und der 20-Jährige setzt alles daran, deren Geheimnisse aufzudecken. Perdidos en la noche von Amat Escalante ist ein elegant erzählter, bildstarker Thriller, der vielschichtig die Herausforderungen offenlegt, mit der Mexikos Gesellschaft konfrontiert ist.

Der Mexikaner Amat Escalante gilt als anspruchsvoller Regisseur, der angetrieben ist von sozialer Ungerechtigkeit und diese in seinen Filmen konsequent ins Zentrum stellt. Im aufwühlenden Heli - 2013 in Cannes mit dem Regiepreis ausgezeichnet -, setzte er sich brillant mit der sozialen Entfremdung und der Abkoppelung der Gesellschaft von der Politik auseinander. Das Thema führt er in Perdidos en la noche weiter aus, indem er sowohl die allgemeine Korruption als auch die Auswüchse von Sekten in sozialen Netzwerken und in der Kunst ins Visier nimmt. Er packt damit viele Fragen, die in der lateinamerikanischen Filmproduktion verhandelt werden, in eine stimmige Erzählung.

Mit seiner Heimatstadt Guanajuato, die für ihre Mumienfunde bekannt ist, findet der Filmemacher einen Ort, um auf die Verwerfungen der Bergbauindustrie einzugehen und mit einem klugen Winkelzug auch an die einschneidende Tragödie der 43 verschleppten Student:innen im Jahr 2014 zu erinnern. Escalante führt uns gleich zu Beginn mit leisem Sarkasmus zum Haus der Familie Aldama, einem modernen architektonischen Wurf, der abgeschirmt vom umgebenden Elend idyllisch am Ufer eines grossen Sees liegt. Bewohnt wird es von Carmen, einer egozentrischen Telenovela-Diva, ihrer Tochter und ambivalenten Instagrammerin Mónica sowie Partner Rigoberto, seines Zeichens spanischer Bildhauer und ausgewachsener Zyniker mit ebensolchem Ruf. Nicht weit davon entfernt macht dem jungen Emiliano das Verschwinden seiner Mutter zu schaffen, die sich als Umweltaktivistin gegen ein neues Bergwerk eingesetzt hatte. Von Polizei und Justiz im Stich gelassen, begibt sich der Jugendliche mit seiner Freundin Jazmin selbst auf Spurensuche und das Drama nimmt bei den Aldamas seinen Lauf.

Mit dieser Ausgangslage beschreibt Amat Escalante zunächst die Gewalt der Polizei und der Mafia und schichtet dann nach und nach weitere Erzählstränge und Bedeutungsebenen übereinander. Über die charmante Instagrammerin zeigt er die schleichende Entfremdung, die soziale Netzwerke zuweilen verursachen. Die Figur des Telenovela-Stars steht für den Teil einer Industrie, die die Menschen zum Träumen – und Vergessen – bringen soll, und die Einführung einer evangelikalen Sekte spiegelt eine sehr ernst zu nehmende reale Verirrung wider. Dazu gesellt sich ein Gefühl der Straflosigkeit und Heuchelei der bürgerlichen oder korrupten Charaktere. Dass die Handlung dennoch nie pessimistisch wirkt, liegt an den jungen Menschen, die sie vorantreiben und eine eigentliche Quelle der Hoffnung darstellen.

Festivals & Auszeichnungen

Festival de Cannes 2023
Cannes Première
Filmfest München 2023
ARRI/OSRAM Award Nomination

artwork

Credits

Originaltitel
Perdidos en la noche
Titel
Perdidos en la noche
Regie
Amat Escalante
Land
Mexiko
Jahr
2023
Drehbuch
Amat Escalante, Martín Escalante
Montage
Fernanda de la Peza
Musik
Kyle Dixon, Michael Stein
Kamera
Adrian Durazo
Ton
Carlos García, Raúl Locatelli, Michel Schöpping
Produktion
Nicolás Celis, Fernanda de la Peza
Formate
DCP, Blu-Ray
Länge
120 Min.
Sprache
Spanisch/d+f
Schauspieler:innen
Juan Daniel García Treviño (Emiliano), Ester Expósito, Bárbara Mori, Fernando Bonilla, Maria Fernanda Osio

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Filmstill aus «Perdidos en la noche»

Ein Thriller von unheimlicher Dichte

Auf der Suche nach seiner verschwundenen Mutter findet sich der junge Emiliano bei den Aldamas wieder, einer Familie von Stars und Künstlern. Amat Escalantes jüngster Spielfilm feierte in Cannes Premiere und besticht durch thematische Vielfalt wie durch formale Fülle: «Perdidos en la noche» befasst sich mit der weit verbreiteten Korruption, den Entgleisungen von Sekten, der ...

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Pressestimmen

«Vous pouvez y aller, c’est un thriller dramatique qui fonctionne très bien.» RTS La Première, Vertigo, Rafael Wolf

«Un voyage aussi déroutant que magnétique.» Cineman, Damien Brodard

«Tourné et joué de manière saisissante, le film déstabilise délibérément avec son mélange de tons, créant une variation inhabituelle sur le film noir.» j:mag, Firouz E. Pillet

«Perdidos en la noche aborde des problématiques difficiles, avec un rythme soutenu et un suspense qui les rendent captivantes.» Le Courrier, Isolda Agazzi

«Un périple étrange, qui passe du polar au fantastique sans que jamais le constat social ne soit perdu de vue.» 24 Heures, Pascal Gavillet

«Ein verrätselter Thriller.» Saiten, Geri Krebs

«Spannender, brutal unkonventioneller und bildstarker Film.» Movie-Eye, Benny Furth

«Sin embargo, la trama nunca parece pesimista, porque su resolución recae en unos jóvenes cuya pugnacidad es fuente de esperanza.» Punto Latino

«Amat Escalante nutzt einen politischen Kontext, um daraus einen Thriller, einen Spannungsfilm zu machen.» Cinebulletin

«Une sorte de condensé lapidaire de l’enfer de la société mexicaine, mais aussi de notre monde moderne dans son ensemble, où hédonisme et violence sont parfois les deux faces d’une même médaille.» L'Humanité

«Escalante’s storytelling vigour and his way with an unsettling image keep this film’s voltage high.» The Guardian

«Présenté au dernier Festival de Cannes, Lost in the Night mérite que vous vous y perdiez d’urgence.» L'Obs