Zan Boko

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Der erste Film, den trigon-film herausbrachte. Ein Moment, das mir von vielen aus dem neuen Spielfilm von Gaston Kabore aus Burkina Faso in Erinnerung bleiben wird, veranschaulicht die Wertverschiebung, die der Film unter anderem reflektiert: Ein Bauernkind möchte dem Sohn seiner neuen, städtischen Nachbarn ein selbstgebasteltes Spielzeug schenken, nachdem dieser ihn gefragt hat, ob er es ihm abkaufen könne. Geschenkt kriegen will er es nicht. Der Junge hat kein Interesse an etwas, was nicht gekauft werden kann; es ist für ihn wertlos. Gaston Kabore betrachtet ohne falsche Wehmut in "Zan Boko" eine Entwicklung im Kleinen, die im Grossen unauslöschliche Spuren hinterlässt. Er bleibt nah am Lebensrhythmus des Dorfes, von dem seine kleine Geschichte um den Bauern Tinga und seine Frau Nopoko ausgeht. Am Anfang steht den beiden eine Geburt bevor; am Ende haben sie auf ihrem Heimatboden, wo sie der Tradition gemäss die Nachgeburt vergraben haben, nichts mehr verloren. Der Akt symbolisierte bis dahin die Verwurzelung im Boden, auf dem das ganze Leben wächst und gedeiht. Er bleibt den ganzen Film hindurch beredtes Sinnbild für etwas, was man nicht preisgeben sollte, weil ein Leben ohne Wurzeln ein halbes ist, weil Geist und Körper verdorren, wenn ihnen der Humus unter den Füssen genommen wird.
Ausserirdischen Besuchern gleich tauchen Landvermesser in Tingas Dorf auf, stellen ihre Geräte auf und versehen die Häuser mit Ziffern. Für die Bewohner haben diese keine Bedeutung. Das Element des Fremden wird fortan in verschiedensten Spielformen immer wieder erscheinen, nebenbei zumeist, denn Kabore ist ein ausgezeichneter Beobachter, einer, der uns mit seinen Hüpfern auf der Zeitachse, einer archaischen Art von Zeitraffer gleich, sehr anschaulich zeigt, wie der sogenannte Fort-Schritt schleichend daherkommt und plötzlich unveränderbar dasteht. Es ist die elliptische Erzählweise, die sich auch in der schwarzafrikanischen Literatur findet, eine Form, die mit ihren Auslassungen die Zusammenhänge erst recht sichtbar macht, die Prozesse verdichtet. Die Heimaterde, die der Bauer nicht verlassen will, auf der er sein Leben auch weiterlebt, als die Stadt ihn umschlingt, wird in ihrer ganzen Tiefe fassbar, riechbar, bleibt berührbar. Das Bild dessen, was übriggeblieben ist steht dem Bild des Neuen gegenüber. Mauer an Mauer grenzen zwei unüberwindbar scheinende Welten aneinander, und doch ist die eine aus der anderen hervorgegangen. Mit der ländlichen Gemeinschaft, mit dem Leben im Dorf, ist auch der Lebens-Rhythmus, die Identität der Menschen verdrängt worden. Kabore regt uns an, darüber nachzudenken.
Walter Ruggle

Festivals & Auszeichnungen

Karthago 1988
Silberner Tanit
Amiens 1988
Spezialpreis der Jury

Berlin 1988
Interfilm-Preis

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Credits

Originaltitel
Zan Boko
Titel
Zan Boko
Regie
Gaston Kaboré
Land
Burkina Faso
Jahr
1988
Drehbuch
Gaston Kaboré
Montage
Andrée Davanture, Marie-Jeanne Kanyala
Musik
Henri Guédon
Kamera
Sekou Ouedraogo
Ton
Joanny N. Traoré
Ausstattung
Joseph Kpobly
Produktion
Gaston Kaboré
Formate
35mm
Länge
98 Min.
Sprache
More/d/f
Schauspieler:innen
Joseph Nikiema (Tinga), Colette Kaboré (Nopoko), Célestin Zongo (Yabre), Hippolyte Wangrawa (Boy), Gady Pafadnam (Tiraogo), Simone Tapsoba (Tirago's Wife)

Pro Material

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Pressestimmen

«Thema ist die Konfrontation zwischen Stadt und Land, zwischen traditionellen Werten und zerstörerischer Moderne.»

Filmpodium

«Kaboré creates a gripping narrative out of the story of two men from very different worlds. They share a common integrity: a peasant farmer who loses his land to a wealthy businessman and a journalist whose uncompromising TV expose of the farmer’s victimization, is censored by a corrupt government. This film is the first to examine the role of mass media in contemporary Africa, Zan Boko is a tribute to the ancestral heritage of agrarian village societies.» New York African Filmfestival

«The film provides viewers with a unique opportunity to see our own televised civilization through the eyes of the traditional societies it is replacing.» California Newsreel

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Gaston Kaboré:

«Zan Boko est le choc de deux monde, choc à la fois spatial et culturel entre la ville et la campagne, qui se réalise au détriment de la seconde. Ce film raconte la disparition d'un petit village d'Afrique Noire qui est absorbé par une agglomération urbaine en pleine extension. Une communauté rurale caractérisée par un rythme propre de vie et une vision spécifique du monde, va brutalement basculer et perdre son identité.»

«Ich halte eine Evolution für notwendig. Afrika kann nicht statisch bleiben. Aber man muss all das behalten, was positiv ist auf der Ebene der sozialen Werte und der tiefen Beziehung zwischen den Menschen.»