I was born, but - Umarete wa mita keredo
Eine Stummfilmperle aus dem Japan der frühen Dreissiger Jahre und einer der schönsten Filme über die Kindheit in der Grossstadt. Der Angestellte Yoshii zieht mit seiner Frau und den beiden Söhnen Ryoichi und Keiji in einen Vorort von Tokyo. In der Nähe wohnt auch der Direktor seiner Firma, und Yoshii verspricht sich durch die grössere Nähe berufliche Vorteile. Anfangs werden Yoshiis Söhne von den anderen Jungen aus der Nachbarschaft gehänselt und schikaniert. Nachdem sie aber mit Hilfe eines Getränkeverkäufers siegreich gegen Kollegen hervorgehen, werden sie von ihren Mitschülern sogar als Anführer akzeptiert. Unter ihnen ist auch der Sohn des Vorgesetzten. Als dieser eines Tages die Familie Yoshiis und einige Nachbarskinder zu einer Filmvorführung zu sich nach Hause einlädt, freuen sich Ryoichi und Keiji, als sie ihren Vater auf der Leinwand entdecken. Doch als dieser dann, um seinem Chef gefällig zu sein, allerlei Grimassen zu schneiden beginnt und sich damit in den Augen seiner Söhne vor allen anderen lächerlich macht, bricht für die beiden Brüder eine Welt zusammen. Zu Hause verlangen sie eine Erklärung von ihrem Vater für sein würdeloses Gebaren. Yoshii versucht ihnen begreiflich zu machen, dass er seinem Chef gefällig sein muss, weil er sonst die Arbeit verliert und die Familie dann hungern müsste. Daraufhin beschliessen die Kinder, nicht mehr zu essen. Am nächsten Morgen aber ist ihr Hunger so gross, dass sie den Reisbällchen nicht widerstehen können. Gemeinsam mit ihrem Vater verlassen sie das Haus und gehen zusammen ein Stück des Weges, der sie zur Schule und den Vater zur Arbeit führt. Als der Chef und dessen Sohn im Auto an der Bahnschranke steht, zögert Yoshii einen Augenblick, bis Ryoichi ihn auffordert, seinen Vorgesetzten zu begrüssen und mit ihm zur Arbeit zu fahren. Gemeinsam mit dessen Sohn, der aus dem Wagen ausgestiegen ist, setzen die Jungen ihren Weg zur Schule fort.
Festivals & Auszeichnungen
Uraufführung: 3. Juni 1932, Tokyo. Kinema Junpo Award, Japan: Best Film
Credits
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Pressestimmen
«Scharfsinnig und mit ernstem Humor schildert er den Verlust der Unschuld und die Enttäuschung der Kinder über die Erwachsenen: Diese sind zwar gross, aber kriechen noch immer. «Ich wurde geboren, aber » ist nicht nur ein Knüller hinsichtlich Dynamik und Rhythmus, er fängt auch wie wenige andere Filme die Stimmung der Kindheit ein. Schliesslich macht sich der Vater derart zum Affen, dass die Buben nur noch traurig zuschauen und verstummen.» Pascal Blum, Züritipp
«In diesem Film vereinigte Ozu nahezu perfekt die zahlreichen Elemente, die seinen Stil prägten, mit seiner persönlichen Sicht der Dinge. Vom Genre her ein ‘shomin-geki’, zeigt der Film sehr deutlich die Rigidität der japanischen Gesellschaft. Er handelt von einer Kleinfamilie, deren Angehörige Ozu mehr interessieren als die Familie als solche, und von Kindern, die in aller Unschuld die Falschheit der Erwachsenen-Gesellschaft offenlegen. Er macht aber auch deutlich, dass dieser Zustand von Unschuld auf Dauer nicht zu bewahren ist. Der Film ist eine – wenngleich ernste – Komödie; nie mehr werden die beiden Jungen sein, was sie einmal waren. In späteren Jahren sollte Ozu erkennen, dass die Unschuld sehr wohl zurückkehrt. (...) In diesem so heiteren wie hellsichtigen Film von 1932 ist er noch nicht zu der Erkenntnis vorgedrungen, dass die Unschuld in gewisser Weise erhalten werden kann.» Donald Richie
«Akzeptiert Ozu damit – wenn auch widerwillig – die Unterdrückung durch die Unterdrückten? Man kann diese Lesart nicht ganz ausschliessen. Aber sie bleibt zu einseitig, zu ‘ideologisch’. Der Kulminationspunkt des Films ist erreicht, als die Jungen den Vater autorisieren, seinen Vorgesetzten mit Respekt zu grüssen, und wenn der Film uns genau in diesem Moment bewegt, dann nicht, weil die Kinder gerade die Existenz sozialer Klassen entdecken, sondern weil sie eine Ahnung bekommen von dem, was man das ‘soziale Bindeglied’ nennen muss und was Ozus grosses Thema ist. Es ist der Moment, da die Kinder in ihrem Vater ein ‘anderes Selbst‘, ein anderes Kind entdecken – seltsam, weil er dominiert wird.» Serge Daney, Cahiers du Cinéma
«Wie Chaplin verstand es Ozu, die Elemente des Tragikomischen sinnfällig miteinander zu verknüpfen. Die Komik des Films resultiert vor allem aus der betörenden Unschuld der Kinder und dem sichtlich ridikülen Gebaren der Erwachsenen. Die Wehmut folgt aus ihrer (und unserer) Erkenntnis, dass es in der Welt so etwas Unlogisches wie gesellschaftliche Unterschiede gibt, die man akzeptieren muss, wenn man überleben will. Nach Beverley Bare Buehrer: Japanese Film «Das Wunder Ozu - Ozu ist im Westen Kult: Der neben Kurosawa und Mizoguchi dritte berühmte Klassiker des japanischen Films in der Mitte des letzten Jahrhunderts hat einen unerhörten Reinigungseffekt für (kino-)verdorbene Sinne. Wie schlicht sind diese Filme, wie wundersam schön, wie genau! - Seine Radikalität hat in der Filmgeschichte Massstäbe gesetzt.» Martin Walder, NZZ am Sonntag
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"A travers l'évolution des parents et des enfants, j'ai montré, comment le système familial japonais commençait à se désintégrer". Ozu