Zama
Don Diego de Zama ist ein untergebener Beamter der spanischen Krone in einer fernen Kolonie in Lateinamerika. Jedes Jahr hofft er auf seine Versetzung, die ihn nĂ€her zu seiner Familie bringt. Doch der Befehl kommt nicht. Die argentinische Regisseurin Lucrecia Martel meldet sich zurĂŒck mit der Adaption eines meisterlichen Romans aus der lateinamerikanischen Literatur.
In der ErzĂ€hlung von Lucrecia Martel gibt es keine wirkliche LinearitĂ€t, vielmehr ist es eine Abfolge verschiedener Szenen, die den Helden Don Diego de Zama beschreiben. Der dient dem König von Spanien, und er tut dies ohne grosse Eile oder Kompetenz. Er verbringt seine Tage vor allem damit, die Frauen um ihn herum zu belauern, egal ob Sklavin oder GrĂ€fin. Er beobachtet sie in der Hoffnung, ihren Blick einzufangen, was allerdings nie eintrifft, es sei denn ein ironischer Blick, wie derjenige der spanischen GrĂ€fin, oder selbst ein verĂ€chtlicher Blick von den jungen Sklavinnen, die sich ĂŒber ihn lustig machen. Die Gouverneure kommen und gehen, aber das so stark ersehnte königliche Schreiben, das seine Versetzung ankĂŒndigen soll, kommt nicht. Des Wartens ĂŒberdrĂŒssig meldet sich Zama freiwillig zur Jagd nach dem gefĂŒrchteten Banditen Vicuña Porto.
Zama soll nicht als historischer Film betrachtet werden. Lucrecia Martel steht dazu: Sie hat sich Freiheiten gegenĂŒber der Geschichte erlaubt. Und dies ohne Gewissensbisse, denn diese wurde von weissen MĂ€nnern geschrieben, die den Eingeborenen jegliche QualitĂ€ten aberkannten â und auch den Frauen. Die Regisseurin schafft eine dystopische Welt, die gut die AtmosphĂ€re der spanischen Kolonien im Lateinamerika des 18. Jahrhunderts wiedergibt, wo die MĂ€nner MĂŒhe haben, ihre europĂ€ische IdentitĂ€t zu bewahren, welche ihr letzter Stolz bleibt, wenn alles andere in Verwahrlosung versinkt.
Zama ist eine phĂ€nomenale malerische Symphonie, fĂŒr die der portugiesische Kameramann Rui Poças aus jeder Szene ein GemĂ€lde gestaltet hat mit seiner Auswahl an Farben und Cadres, die Gesten und Blicke mit einer verblĂŒffenden NĂ€he festhalten. Die Tonspur wird vom selben fantastischen Geist getragen, indem sie eine reissende Tonart und mysteriöse GerĂ€uschkulissen findet. Zama verlangt vom Zuschauenden, sich mittragen zu lassen, damit die Erfahrung unvergesslich wird.
Martial Knaebel
Festivals & Auszeichnungen
Festival de La Habana: meilleure réalisation, meilleur son, meilleure direction artistique
Cóndor de Plata 2018, Association des critiques de cinéma argentins: Prix de la meilleure photographie pour Rui Poças
Premios Fenix 2018: meilleure direction artistique, meilleure image, meilleur montage, meilleur son
Credits
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Pressestimmen
«Ein Drama von Stillstand und Wahnsinn, in bestechender Form adaptiert.» ZĂŒritipp
«Die Sumpflandpanoramen am Ende sind eine Wucht, so wie ĂŒberhaupt die ganze Gestaltung von Bild, Off-Raum und Tonspur. Man will hier nicht mehr weg, weil man sie lieben gelernt hat: diese vielfĂ€ltig sonderbare, wunderbar andere Welt von Lucrecia Martel.» Pascal Blum, Tages-Anzeiger
«Das faszinierende PortrĂ€t des spanischen Kolonialismus verbindet hypnotisch schöne Landschaftsbilder mit dem absurden Witz von Kafka und Beckett.» Hannes NĂŒsseler, Tageswoche
«Ein irrwitziges PortrÀt des spanischen Kolonialismus, das mit zum Teil hypnotischen Bildern vom Scheitern des Don Diego de Zama erzÀhlt. Ein sehenswerter, visuell beeindruckender Film.» Julian Gerber, cineman
«Ein optisches und akustisches Meisterwerk, bei dem sich superbe Kamera und hervorragendes Sound-Design in idealer Weise ergÀnzen.» Geri Krebs, NZZ
«Verloren im eigenen Reich: In "Zama" zerpflĂŒckt die Argentinierin Lucrecia Martel den europĂ€ischen Kolonialismus mit verblĂŒffendem Witz und brillanter Unnachgiebigkeit. Ein Film der Woche, der seinesgleichen sucht.» Der Spiegel
«Zama, diese Figur, die sich auch Samuel Beckett ausgedacht haben könnte, dringt vor in ein Conradâsches Herz der Finsternis, das hier in Lateinamerika schlĂ€gt. Und wo sich seine RealitĂ€t auflöst.» Tagesspiegel
«Zama ist eine zwiespĂ€ltige Figur: undurchschaubar, alles andere als ein SympathietrĂ€ger, ein Leidender, der vor Gewalt nicht zurĂŒckschreckt, Opfer und TĂ€ter zugleich.» Profil
«Berauschend, fesselnd - einer der besten Filme des Jahres.» Rolling Stone
«Génial, sidérant.» Libération
«Une merveille étrange et sensuelle.» The Guardian
«Cauchemar colonial formellement passionnant.» Variety
«Une aventure surréaliste qui parvient à questionner le colonialisme et le rapport de classes de la plus étonnante des façons.» filmdeculte
«Une invitation pour les sens.» ClarĂn
«Ăblouissant.» Pagina/12
«Le film rend justice à l'impulsion expérimentale de l'écriture de Di Benedetto: un croisement entre l'angoisse de Kafka, l'absurdité de Beckett et le subjectivisme de Faulkner.» Fotogramas
«Film merveilleux, fascinant, et singuliÚrement déroutant.» Ciné-Feuilles
Lucretia Martel ĂŒber ZAMA:
Ich möchte die Vergangenheit mit der gleichen Respektlosigkeit erkunden, mit der wir sonst ĂŒber die Zukunft nachdenken. Ich möchte versuchen, nicht die einschlĂ€gigen Artefakte und Tatsachen zu dokumentieren â ZAMA hegt so gesehen keinerlei geschichtswissenschaftliche AnsprĂŒche â stattdessen möchte ich in eine Welt eintauchen, die auch heute noch unĂŒberschaubar wirkt, mit Tieren, Pflanzen und uns heute unverstĂ€ndlich erscheinenden Frauen und MĂ€nnern. Eine Welt, die bereits erschĂŒttert war, bevor sie ĂŒberhaupt gefunden wurde und die deswegen im Delirium verharrt. Die Vergangenheit ist auf unserem Kontinent etwas Unscharfes und Konfuses. Wir haben sie so erschaffen, deshalb denken wir nicht nach ĂŒber die Besitznahme von Land, ĂŒber das Raubgut, auf dem der lateinamerikanische Abgrund fusst â Dinge, mit denen die Herkunft unserer IdentitĂ€t verknĂŒpft ist. Sobald wir anfangen, in die Vergangenheit zu blicken, sind wir beschĂ€mt. ZAMA taucht tief ein in die Zeit der sterblichen Menschen, in diese kurze Existenz, die uns gewĂ€hrt wird, durch die wir gleiten und uns davor Ă€ngstigen zu lieben. Dabei zertrampeln wir genau das, was geliebt werden könnte, und vertagen die wahre Bedeutung des Lebens, als wĂ€re der wichtigste Tag nicht heute, sondern ein Tag, der noch kommt. Und doch wird die gleiche Welt, die dazu bestimmt erscheint, uns zu zerstören, unsere Rettung. Wenn wir gefragt werden, ob wir lĂ€nger leben wollen, sagen wir immer: ja!