El otro
Für den 46-jährigen Anwalt Juan Desouza scheint alles darauf hinzudeuten, dass er wie sein Vater ein Leben in Sicherheit und Wohlstand verbringen wird. Als ihm seine Frau mitteilt, vielleicht schwanger zu sein, und zugleich sein Vater schwer erkrankt, beginnt Juan über sein Dasein nachzudenken. Eine geschäftliche Reise verleitet ihn dazu, die Identität zu wechseln und das Leben dadurch aus anderer Perspektive neu zu sehen.
Das Nachdenken über das, was wir sind, ist so alt wie der Mensch. Was ist der Geist? Was ist die Seele? Was ist der Körper? Vieles ist fassbar, anderes nicht oder nur ansatzweise. Zum Glück. Denn so ist es immer wieder reizvoll, sich dem unfassbaren Teil des Daseins zu widmen, dem etwa, dem wir uns schwer entziehen können: unserem Körper.
Ariel Rotter gehört zu den talentiertesten Filmemachern der äusserst dynamischen jungen Generation in Argentinien. Er hat hier eigentlich nur einen einfachen Versuch angestellt und einen Mann in den besten Jahren aus seinem eigenen Leben austreten lassen. Nicht so radikal, wie das Michelangelo Antonioni in «Professione: Reporter» machte, wo Jack Nicholson von einer Rolle in eine andere wechselte und dabei nicht ahnte, was ihn damit erwarten würde. Aber anregend, eher spielerisch. Denn Juan Desouza, grossartig verkörpert von Julio Chávez, wechselt ja nicht nur einmal seine Rolle, er versucht es gleich mehrfach.
Der Auslöser ist derselbe wie bei Antonioni: Ein Toter. Gewechselt wird einfach die Identität, der Körper bleibt derselbe. Und damit gerät Ariel Rotters Film zu einer kleinen, feinen Studie über das Körperliche am Menschsein. Was tragen wir herum, und was trägt uns herum? Was macht uns eigentlich aus? Und könnten wir nicht einfach ein Anderer sein bzw. eine Andere? Ein faszinierender Film, von dem man sich tragen lassen kann in dem Sinn, als er mit seinen Körperbetrachtungen in unterschiedlichen Lebensaltern das Sinnieren über das eigene Dasein anregt. Wer sind wir? Und was ist unser Körper? Und was bleibt uns und von uns? Dieser Film ist auch eine sinnliche Erfahrung.
Walter Ruggle
Festivals & Auszeichnungen
Grosser Preis der Jury, Berlinale
Goldener Bär für Julio Chavez als bester Schauspieler Berlinale
Publikumspreis Filmfestival Fribourg 2007
Credits
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Pressestimmen
«Der höchst stilsicher inszenierte und bis in die Nebenrollen hinein ausgezeichnet besetzte Film gehörte zu den Höhepunkten des Programms.»
Christoph Egger, NZZ
«Eine faszinierende Erfahrung.»
epd Film
«Als er nach einer kuriosen Nacht im Freien einige im Fluss badende Mädchen beobachtet, sind wir bei Odysseus, im Märchen oder im Traum.»
Jan Schulz-Ojala, Der Tagesspiegel, Berlin
«EL OTRO ist ein wunderbar stimmiger Film und nicht nur in der Hauptrolle mit Julio Chávez perfekt besetzt. Beeindruckend sind vor allem die Nachtszenen, in denen oft nur ein sehr kleiner Bildteil tatsächlich deutlich ist, sowie die äußerst präzise Tonspur, die keine Musik nötig hat und auf jede Effekthascherei verzichtet: Sie lässt den Zuschauer dumpf brummend das kopfschmerznahe Dösen im Bus empfinden und macht bei der nächtlichen Wanderung am Straßenrand mit dem Lärm von Lastwagen das Gefühl der Bedrohung spürbar. Erleichternd dann aber wieder die Naturgeräusche und die Stimmen junger Mädchen im Wasser. Nach diesem Film, dessen Titel auf den berühmten Roman von Albert Camus anzuspielen scheint, fühlt man sich ernster und lebendiger als zuvor.»
Detlev Kuhlbrodt, Frankfurter Rundschau
Ariel Rotter: "Ich glaube, nach all den Jahren mache ich immer noch Filme über dasselbe Thema. Von den ersten Kurzfilmen bis zu EL OTRO geht es mir um das Verständnis der Zeit, die uns gegeben ist, und die Frage, was wir aus dieser begrenzten Zeit machen."