Fish and Cat
Einmal mehr überrascht das iranische Kino mit einem Regisseur, der neue Wege beschreitet. Shahram Mokri hat seinen zweiten langen Film nicht nur in einer einzigen Einstellung gedreht, er trickst dabei auch noch den linearen Lauf der Zeit mit verblüffenden Erzählschlaufen aus. Sein Verfahren passt perfekt zur Geschichte zwischen Alltag und Alptraum, in der drei Köche mit dubiosem Fleischgeschmack auf eine Gruppe junger Camper treffen.
Was für eine prächtige Schlaufe! Fish & Cat beginnt wie ein klassischer Thriller: mit der Ankündigung, dass der Film auf einer wahren Geschichte beruhe, mit dem Verweis auf einen Fall in den 1990er Jahren, wo ein paar Studenten spurlos verschwunden und drei Restaurantbetreiber wegen Verwendung von Menschenfleisch angeklagt worden seien. Mit dräuender Musik und einer Inschrift, die in blutroter Farbe ertrinkt. Doch mit diesem Vorspann lockt uns Shahram Mokri bereits zum ersten Mal auf eine falsche Fährte: Alles, was folgt, sehen wir jetzt vor der Drohkulisse von Mord und Kannibalismus. Tatsächlich geht es Mokri aber gar nicht um die blutige Moritat, sondern um ein Erzählexperiment. Mit zweien seiner drei dubiosen Köche und ihrer Lotterbude von Restaurant treffen wir in einem winterlichen Wald zunächst auf ein Auto voller Studenten, die sich verfahren haben. Und mit den zwei Köchen streifen wir sodann durchs Gehölz, hören die zwei über Musik schwadronieren, treffen auf einen weiteren Studenten und dessen Vater – und merken nach und nach, dass wir seit einer halben Stunde keinen einzigen Schnitt gesehen haben. Doch damit nicht genug. Mokris virtuose Handkamera folgt plötzlich nicht mehr den Köchen, sondern dem einen Studenten. Und als dieser an einem Seeufer auf junge Camper trifft, heftet sie sich unversehens immer wieder an neue Figuren und lanciert damit eine Erzählstaffette. Doch auch mit diesem Kabinettstücklein – bei anderen Virtuosen der langen Einstellung bisweilen gesehen – nicht genug. Unversehens geraten wir mit Mokris umherstreifenden Figuren an Orte in Zeit und Raum, an denen wir schon einmal waren. Vor unseren Augen mutieren die alltäglichen Geschehnisse ins Irreale, gerät die Zeit aus den Fugen und der Lauf der Erzählung zur unauflöslichen Schlaufe. Doch auch damit noch nicht genug. Mokris Figuren erzählen sich fortlaufend Anekdoten, deren Logik so unauflösbar ist wie Mokris Erzählung selbst: Das Leben als Traum mit fatalem Ausgang. Wem dies am Ende zu wenig Thriller ist, dem sei dies zum Trost verraten: Es kommt zuletzt doch noch zu einem Mord, vom Mordopfer selber geschildert. (afu)
Festivals & Auszeichnungen
Special Prize at Venice Filmfestival 2013 - Horizons Award
Filmfestival Lisboa - Best Film Award
Busan International Filmfestival
Mostra Internacional de Cinema de São Paulo
Fribourg International Film Festival 2014 - FIPRESCI award, Youth Jury Award
Credits
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Pressestimmen
«Bravourös choreografiert und höchst verblüffend. Skulptur der Zeit, fürwahr.» Tages-Anzeiger, Pascal Blum
«Une extraordinaire expérience - à découvrir absolument!» La Liberté, Eric Steiner
«Ein verstörend intensives filmisches Vexierbild.» Frame
«Eine Offenbarung: Shahram Mokris verblüffender und entzückender zweiter Spielfilm.»
Senses of Cinema
«Ein kühnes Experiment.» Filmbulletin
«Als hätte Marcel Proust seine verlorenen Zeit visualisiert.» JoF
«So leise politisch wie kompromisslos cinematografisch.»
The New York Times
«Brilliantly sustained, Fish & Cat is further evidence of a new generation of filmmakers emerging in Iran.» Museum of Modern Art
«Cult outlets should take note! Alles ist nicht so, wie es erscheint in Shahram Mokris hochgradig originellen zweiten Spielfilm, gefilmt in einer langen, bravourösen Einstellung.»
Variety