Hello Hemingway
Er gehört zu den Schlüsselwerken der modernen Literatur: Ernest Hemingways Kurzroman "Der alte Mann und das Meer". Der Kubaner Fernando Pérez hat das Buch filmisch gelesen, im besten Sinne des Wortes umgesetzt. Bereits 1936 hatte Ernest Hemingway in einem Prosastück, das er im "Esquire" veröffentlichte, vom Kampf eines alten Fischers mit einem immensen Fisch erzählt. 1952 dann erschien der atmosphärisch dichte Kurzroman "The Old Man And the Sea" als sein letztes vollendetes Werk. Santiago fährt darin mit dem Fischerjungen Manolin zur See: Ohne Erfolg. Nach 84 Tagen erst beisst ein Schwertfisch an, der grösser ist, als das Boot des Alten. Ein Kampf beginnt, getragen vom Glauben des Fischers: "Man kann vernichtet werden, aber man darf nicht aufgeben." 1958 hat John Sturges Hemingways Buch mit Spencer Tracy in der Titelrolle verfilmt, ohne den Autor damit glücklich zu machen. Tracy sehe aus, soll Hemingway das Spektakel kommentiert haben, "wie ein steinreicher Schauspieler, der einen Fischer spielt." Der Kubaner Fernando Pérez vermeidet diesen Zwiespalt nicht nur, er setzt ihn in seinem Spielfilm "Hello Hemingway" gleichsam mit um. Sein Film spielt um 1958 herum, zu der Zeit also, da Hemingway auf Kuba lebte und die Tage des US-Putschisten Batista gezählt waren. Im Zentrum steht kein alter Fischer vielmehr die Schülerin Larita, die in ärmlichen Verhältnissen in nächster Nachbarschaft zu Hemingways Villa lebt und fasziniert ist von seinem letzten Buch. Larita bereitet sich aufs Abitur vor und träumt von einem Stipendium fürs Studium in den USA.
Fernando Pérez verwebt ihre Geschichte mit der Lektüre von Hemingways Buch, führt die Allegorie raffiniert auf den Boden der Realität zurück. Da wird das Meer Hemingways zum gesellschaftlichen Umfeld Laritas, da wird der Schwertfisch zum Stipendium, werden die Haie zu Menschen, die dem Mädchen Biss um Biss ein Stück ihres Traumes, ihrer Hoffnung nehmen. Immer wieder zeigt Pérez seine Schülerin auch an jenem Ozean, der als verbindendes Bild zum Buch bestehen bleibt, kulminierend in jenem Punkt, da Hemingways Text sich mit der Befindlichkeit Laritas deckt: "Er blickte über das Meer, und er wusste, wie allein er jetzt war."
"Hello Hemingway" zeigt, wie allein man sein kann, auch wenn man von Menschen umgeben ist. Die Selbstgespräche des Alten sind übergeführt in Tagebuchnotizen der Schülerin, die immer wieder hinaufschaut zur Villa ihres bekannten Nachbarn. Hemingway aber, seine Welt und die Welt der höheren Bildung sind für Larita so mühselig einzufangen wie der übergrosse Schwertfisch für den alten Mann. Die Parallelen zum Buch sind - überhört man die süssliche und simpel untermalend eingesetzte Musik - unaufdringlich gezogen, schälen sich gleichsam aus dem kubanischen Alltag jener Jahre heraus, in den die Filmhandlung eingebettet ist. Reizvoll an Pérez' Vorgehen ist sein persönlicher Zugang: Fern einer Literaturverfilmung, nah einer Lektüre. Entsprechend weitet sich sein Blick vom Kampf des Einzelnen aufs Erwachsenwerden, auf den Kampf zur Überwindung sozialer Schranken, aufs Frau werden und Frausein in einer nach männlichen Kriterien definierten Gesellschaft.
Walter Ruggle
Festivals & Auszeichnungen
Havana Film Festival
Grand Coral - Best Film
Best Actress
Goya Awards
Nomination
Gramado Film Festival
Credits
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Pressestimmen
«Hello Hemingway ist eine wunderbare Perle, ein feinfühliger und durchdachter Initiationsfilm.» Morning Star
«Ein schöner, durchdachter Film über eine gescheite Nachbarin von Ernest Hemingway und über die Selbstfindung dieses Mädchens während der Hemingway-Lektüre.» Variety
«Auch der zweite Spielfilm von Fernando Pérez spielt vor dem Hintergrund der Batista-Diktatur und des Widerstands Jugendlicher. Im Mittelpunkt steht jedoch die Geschichte einer doppelten Entdeckung. Die Abiturientin Lara ergründet die Literatur und verliebt sich in Hemingways 'Der alte Mann und das Meer', was ihr Freund so gar nicht nachvollziehen kann. Zugleich stösst sie mit den harten gesellschaftlichen Verhältnissen des Batista-Regimes zusammen und lernt dabei, ihre eigenen Fähigkeiten besser einzuschätzen. Fernando Pérez schildert dies mit der grossen Sensibilität, die er bei der Darstellung von Jugendlichen in all seinen Filmen bewiesen hat.» Peter B. Schumann
«Fernando Pérez hat einen wohltuend ungekünstelten Stil. Laura de Uz - einmal übersprudelnd, dann niedergeschlagen - tritt als charmante, dynamische Heldin in Erscheinung.» The Times
«Ein tief bewegendes, starkes Porträt des Erwachsenwerdens. Unvergessliche Bilder ohne jede Aufdringlichkeit.» Observer
«Ein ungewöhnlich sorgfältiges Werk, das nicht den ausgetretenen Pfanden vergleichbarer US-Filme folgt und dank der Widersprüchlichkeit der Geschichte lebendeig bleibt.» The Independent
«La voisine d'Ernest Hemingway à La Havane en 1956 était Larita, une jeune pauvre mais brillante qui essayait de finir ses études secondaires pour pouvoir être admise à l'université. Par hasard, elle commence à lire «le Vieil Homme et la mer» et y voit une métaphore de sa propre vie.» Télérama
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Fernando Pérez:
«Ich möchte den Zuschauer, die Zuschauerin mit 'Hello Hemingway' zu einem sehnsüchtigen und zärtlichen Nachdenken über das Leben anregen.»