Distance
Die Opfer der Täter
1998 verübte die Aum-Sekte einen Giftgasanschlag auf die Tokyoter U-Bahn und erregte damit weltweit Aufsehen. Die Täterinnen und Täter kamen bei dem Anschlag selber ums Leben. Regisseur Hirokazu Kore-eda, der sich in seinen Filmen immer wieder mit Fragen um den Übergang vom Leben zum Tod beschäftigt hat (Maboroshi, Nobody Knows, After Life), entschied sich bei diesem Film, nicht die naheliegende Perspektive der Opfer des Sektenanschlags einzunehmen, er setzt seine Geschichte bei den Opfern der Täter an. So treffen sich einige ihrer Verwandten drei Jahre nach dem Anschlag an jenem See, über dem die Asche der Toten verstreut worden war. Zur Gruppe, die sich da inmitten eines verlassenen und idyllisch anmutenden Stücks Natur einfindet, gehört auch ein Sektenmitglied, das überlebt hat.
Durch den Ansatz, den der Japaner gewählt hat, vermeidet er die Nacherzählung des Geschehens oder einfache Zuweisungen. Distance ist viel eher eine innere Rekonstruktion der Tragödie und schürft als solche auch sehr viel tiefer im stillen Horror. «Sein gedämpfter Film ist an den Reaktionen der Verwandten der toten Sektenmitglieder interessiert, entwickelt sich zu einer Studie über ihre Gefühle von Verlust, Verantwortung und Verständnislosigkeit», schrieb Jamie Russel anlässlich einer grossen Kore-eda Retro. Der Film gibt Fragen nicht Antworten.
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Pressestimmen
Durch den Einsatz von Handkamera kreiert Distance jene verstörende Atmosphäre, die man eigentlich aus Horrorfilmen kennt außer dass es hier nichts Übernatürliches gibt. Distance ist ein schaurig-inspirierender Film, der beweist, dass das Interesse des japanischen Kinos an Gruseligem weit über die Grenzen von Horrorklassikern wie The Ring, Battle Royale oder Audition hinausreicht. Ähnlich wie bei Aoyama Shinjis Eureka verdeutlicht diese impressionistisch gehaltene Arbeit, dass wirklicher Horror in den Tiefen der Verständnislosigkeit zwischen dem Selbst und den Anderen zu finden ist.
Jamie Russell