Carla ist 37 Jahre alt, verheiratet, vielleicht schwanger und eigentlich sollte sie glücklich sein, als sie mit ihrem Mann und einem Wasserscooter von Santiago aus Richtung Süden in die Sommerferien aufbricht. Die beiden plaudern, wie das Paare in Autos so tun mögen. Und plötzlich verändert eine Kleinigkeit die ganze Stimmung grundlegend. Vielleicht möchte Carla ja gar nicht da sein, wo sie ist. Vielleicht möchte sie lieber mit dem norwegischen Rucksacktouristen Ulrik an einer Landstrasse stehen, auf dem Weg zum Nationalpark, wo sie zwischen grossen Bäumen wandeln, im Zelt übernachten und sich mit dem Parkaufseher über Vögel und alte Popsongs un-terhalten könnte. Vielleicht wäre das wirklich besser, und sei’s ganz einfach deshalb, weil etwas frische Luft manchmal gut tut. Carla wird jedenfalls von ihrem Mann am Wegrand sitzen gelassen und muss schauen, wie sie wieder zurückfindet - weniger nach Santiago, also zu sich selber.

Wo, bitte, geht`s zur Natur

Alltäglichkeiten gibt’s zum Einstieg: Ein verheiratetes Paar ist im Auto unterwegs aus dem Alltag in die Ferien. Der Titel Turistas macht rasch Sinn: Die Biologin Carla, grossartig verkörpert durch spanisch-chilenische Schauspielerin Aline Kuppenheim, und ihr Mann Joel, den wir bald hinter uns lassen, reisen, sind Touristen im eigenen Land. Bald lässt er sie am Strassenrand sitzen, weil er das Gefühl hat, sie hätte ihm nicht alles gesagt, was sie ihm hätte sagen müssen. Der  kleine Zwist mag auch noch alltäglich sein, nicht aber die Trennung, die doch überraschend kommt und die bald einmal dazu führt, dass das Wort «Touristen» noch einen anderen Sinn bekommt, einen philosophischeren. Denn Touristinnen und Touristen sind wir ja alle irgendwie und dauernd auf unserer Lebensreise.

Alicia Scherson gehört seit ihrem verblüffenden Erstling Play zu den Entdeckungen und den grossen Talenten im chilenischen Kino, das sich in den letzten Jahren wieder verblüffend regt. Sie selber hat Biologie studiert, und irgendwie hat man gerade bei ihrem jüngsten Film das Gefühl, da betrachtet eine Forscherin das Verhalten zweier Menschenkäfer unter dem Mikroskop, das die Kamera auch sein kann, wenn sie entsprechend klug eingesetzt wird. Carla muss zur Kenntnis nehmen, dass ihr Mann mitsamt dem Ferienzeugs allein davongefahren ist. Und sie entscheidet sich, nachdem sie zuerst ganz einfach heimkehren wollte, zu einem Abstecher in einen nahen Naturpark, in ein Stück gepflegte Wildnis. Die Bekanntschaften, die sie dort macht, haben es in sich, alle leicht schräg, alle leicht abseitig, immer nur minim und also irritierend. Und genau hier brilliert Scherson, indem sie all das, was da geschieht, was da kreucht und fleucht, mit der Ruhe einer Biologin betrachtet und in seinem Sein sein lässt. Das macht ihren Film zu einem stillen Wahrnehmungsgenuss: Nichts ist laut, aber alles deutet von den Rändern her aufs Zentrum: Die Sehnsucht nach dem Wiederfinden der Natur.
Walter Ruggle

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Originaltitel Turistas
Deutscher Titel Turistas - Touristen
Französischer Titel Touristes - Tourists
Andere Titel Turisti
RegisseurIn Alicia Scherson
Land Chile
Kinoformate 35mm, DVD, HD
Drehbuch Alicia Scherson
Montage Soledad Salfate
Musik Philippe Boisier
Kamera Ricardo de Angelis
Ton Miguel Hormazábal
Produktion La Ventura, Macarena López
Länge 105 Min.
Sprache Spanisch/d/f
SchauspielerInnen
Aline Kuppenheim Carla
Marcelo Alonso Joel
Diego Noguera Ulrik
Palma Pablo Ausensi Orlando
Viviana Herrera Susana 1
Sofía Geldrez Susana 2
Auszeichnungen

Tiger Award Competition, Rotterdam

“Gently comic, idyllically picaresque character-study of a woman at an emotional crossroads casts a quiet but effective spell.”

The Hollywood Reporter



“‘The most satisfying competition film thus far has been Chilean Alicia Scherson’s unassuming and graceful second feature, Turistas…’”

Cinemaechochamber



‘Turistas’, de Alicia Scherson, única película Latina en Rotterdam”

Blog Tapiz



“Boasting inventive lensing and an unerring feel for dialogue”

Variety



“With its colourful cast of characters, crisp shooting style (which makes room for a few Tati-esque background gags) and a beautifully textured central performance from Aline Kuppenheim, this is altogether a fine piece of work.”

Timeout



«Tout l’art de la cinéaste réside dans sa manière de donner l’impression de capter de purs moments: montage de tente, nuit en forêt, bain de boue, découverte d’une chute d’eau claire ou d’une autoroute en construction, ponctués de discussions et de timides approches plus intimes. Des presque riens amusants ou inquiétants, où transparaît la difficulté à être soi-même et notre fatal éloignement de la nature. (…) Dernière trouvaille de trigon-film, Turistas enchante.»

Le Temps / Norbert Creutz



«A petits pas bien sentis, la réalisatrice chilienne Alicia Scherson impose les bienfaits évidents de la lenteur sur la modernité trépidante. Retenez votre souffle!»

20 minutes



«Turistas oscille continuellement entre poésie et réalisme sur un rythme lent nullement dérangeant, même agréable. L’étrangeté du film se suffit-elle à elle-même? En l’occurrence oui.»

24 heures



«Difficile de ne pas tomber sous le charme de ses individus un peu paumés, qui retrouvent leur milieu naturel, souvent avec maladresse. Une galerie de personnages hauts en couleur et interprétés par de très bons acteur qui leur confèrent une vraie personnalité!»

Clap.ch



"La bonne surprise de la semaine s'intitule «Turistas», second long métrage enchanteur de la jeune Alicia Scherson."

Le Courrier



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